Dienstag, 1. Mai 2018
1516 - Anerkennung und Dankbarkeit
Herr Baehr hat schon immer ein Problem mit der Anerkennung. Er ist bei seinen Eltern wohl etwas hinten runtergefallen so als Mittelkind. Außerdem war er, im Gegensatz zu seinen Geschwistern, eher recht ruhig und hat nie gefordert. Die Eltern haben wohl viel gelobt, ihn wohl weniger. Das mag man nun gut oder schlecht finden, heute fällt es besonders mir auf die Füße. Für alles soll ich ihn loben und ihm dankbar sein. Und genau das fällt mir so unglaublich schwer. Ich kenne es nicht von daheim, bei uns wurde nicht gelobt, wenn wir etwas alltägliches gemacht haben, wie zum Beispiel den Geschirrspüler auszuräumen oder Wäsche zu waschen. Meine Eltern waren dankbar über die Hilfe, haben aber immer klar gemacht, dass jeder was beitragen muss, denn wir haben in einer Gemeinschaft gelebt.

Gerade heute hatte ich mit Herrn Baehr ein Gespräch. Er sagte, dass ich beim Essen sagen soll, wenn es mir gut schmeckt, denn er hat sich ja schließlich Mühe gegeben und es hat Zeit gekostet das zu machen. Ich fühle mich da gezwungen immer zu sagen, dass es schmeckt, ansonsten ist er hochgradig beleidigt oder rastet gleich komplett aus. Außerdem finde ich es nicht gerecht, dass ich ihn für etwas loben soll, er mir aber erklärt, dass es ja was ganz anderes ist wenn ich putze oder die Wäsche wasche. Denn bei diesen Tätigkeiten mache ich schließlich nur ein paar Handgriffe, das Waschmittel in die Maschine zum Beispiel. Aber beim kochen da probiert man ja aus und deswegen ist das was ganz anderes.

Ich bin langsam echt ratlos, wie ich noch mit ihm umgehen soll. Ich mache alles, den gesamten Haushalt, allen Papierkram, Finanzielles, alles was es zu klären gibt. Ich denke an alles und versuche hier alles am Laufen zu halten. Und seit ich im Mutterschutz bin hab ich auch noch seine restlichen Aufgaben übernommen, kaufe ein, koche und kümmere mich fast rund um die Uhr ums Baehrenkind. All das ist für ihn selbstverständlich. All das muss er nicht honorieren. Er sieht nicht welche Kräfte mich das kostet und dass auch die Reserven, die ich grade jetzt für ein Baby brauche, fast aufgebraucht sind. Ich bin ratlos und weiß nicht mehr wie ich mit ihm umgehen soll.