Samstag, 9. Dezember 2017
1374 - Verkneifen ablegen
Mein Großvater war Ende des zweiten Weltkrieges ein junger Mann. Sein Vater kehrte nicht sofort aus dem Krieg zurück und so war es an ihm für sich und seine Mutter zu sorgen. Damals gab es wenig und so hat sich mein Großvater viel verkniffen und auf vieles verzichtet. Das hat er ein Leben lang nicht mehr abgelegt. Genuß war verboten, das hat er sich untersagt. Schokolade, die er wirklich sehr gerne gegessen hat, musste man ihm förmlich aufzwängen. Leider war er auch in vielen anderen Bereichen sehr verkniffen, ließ zum Beispiel Gefühle nie zu. Natürlich hat das meine Mutter sehr geprägt und sie hat sich selbst oft schöne Dinge untersagt oder verkniffen. Und auch ich habe das so gelernt. Bei Einladungen in ein Lokal bestelle ich immer mit das günstigste Gericht und oft nicht das worauf ich wirklich richtig Lust hätte. Und ich trinke Wasser. Und leider sag ich auch vorschnell zu vielem nein, danke, obwohl ich es insgeheim doch mag. Es hat lange gedauert bis mir das bewusst wurde und noch länger bis ich sagen konnte, ja, bitte. Oder auch, ich mag jetzt gerne dies oder jenes. Aber es kommt und ich hoffe, dass ich diese schlimme Eigenart der Familie nicht an das Baehrenkind weitergebe.