578 - Die Hormonachterbahn
Launisch bin ich schon immer gewesen. Ich habe eine genaue Vorstellung, wie alles ablaufen muss. Passiert das nicht, kann ich wütend, traurig, eingeschnappt und völlig hilflos zugleich sein. Ein Zustand den ich an mir nicht mag und den Herr Baehr (verständlicherweise) hasst. Jetzt spielen da auch noch die ganzen Hormone mit rein, das macht die Sache nicht grade leichter. Da kann die Aufteilung der Putzaufgaben schonmal zum größten Krach seit Wochen ausarten.

Schlimm finde ich vor allem, dass ich zwischen fröhlich und traurig innerhalb von Sekunden unfreiwillig umschalte. Erst gestern war wieder so eine Situation. Ich war gut drauf, als Herr Baehr heimkam, wir alberten rum, alles war gut. Doch in meinem Hinterkopf war immer wieder die Stimme, die mir sagte, wir müssen klären wer Samstag wann wo ist und wer das Auto mitnimmt. Herr Baehr hatte keine Lust darüber nachzudenken und hat das Gespräch sofort abgeblockt und ist zu einer Sitzung ins Bad verschwunden. Danach hat er gelesen. Ich bin zuerst wütend geworden, dann kamen die ganzen Gedanken. Ich muss alles alleine machen, er interessiert sich nicht für mich. Und schon war ich todtraurig und hab geheult. In solchen Situationen finde ich mich selbst extrem anstrengend. Das sehe ich aber leider erst hinterher.

Und noch etwas macht mir zu schaffen. Alle glauben, dass das Baehrenkind ein Junge wird. Ich bin mittlerweile ja auch schon überzeugt. Nachdem beim letzten Ultraschall jetzt aber gar nichts zu sehen war, klammere ich mich wieder an die Hoffnung, dass es ja doch ein Mädchen sein könnte. Ich wollte immer ein Mädchen, warum weiß ich nicht. Ich mache mir Vorwürfe, dass ich überhaupt so denke. Eigentlich sollte es mir so egal sein, was das Baehrenkind ist, hauptsache es existiert. Es ist das, was ich mir das ganze letzte Jahr so sehr gewünscht habe. Und trotzdem habe ich Angst enttäuscht zu sein, sollte es ein Junge werden. Dabei wäre das doch gar nicht schlimm, ich kenne es nur einfach nicht.